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In der ersten Reihe sieht man Meer

Familienvater Alexander Klein trifft die letzten Vorbereitungen für den anstehenden Urlaub mit der ganzen Familie. Auf der Suche nach den Pässen fällt sein Auge auf ein Urlaubsalbum aus seiner Jugendzeit. Ja die 80er Jahre und das erste Mal mit vollgepacktem Auto unterwegs sein, inklusive Oma auf dem Rücksitz in der Mitte. So ging es schon früh morgens los, Richtung Süden, mit voller Vorfreude auf das Meer. Wie hatte man nur die Fahrt so aushalten können, ohne Klimaanlage und ohne Handy im vollgepackten Ford Sierra. Alexander schwelgt in der Erinnerung und gönnt sich noch ein Gläschen Rotwein dazu. Die ganzen Vorbereitungen auf den Urlaub und der Stress in der Agentur haben ihn in letzter Zeit nicht zur Ruhe kommen lassen. Er blättert in dem Fotoalbum und muss schmunzeln, wenn er darin seine pubertierende Schwester und die Oma sieht, Bilder von der ersten Fahrt nach Italien. Ehe sich Alexander versieht, findet er sich wieder in seinem Körper, als 15 jähriger Teenager, im voll besetzten Ford Sierra. Auf geht’s nach Italien, im komplett beladenen Auto mit Oma auf der Rückbank. Zehn Stunden Fahrt ohne jeglichen Luxus und mit viel Vorfreude auf Sonne und Meer.

Die Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr sind schon seit der Schulzeit befreundet. Nach ihrem Überraschungserfolg „Milchgeld“ um den kauzigen Kommissar Kluftinger, erschienen „Erntedank“, ausgezeichnet mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2005 in der Sparte Literatur, „Seegrund“, „Laienspiel“, für das die Autoren den Leserpreis Corine2008 erhielten, „Rauhnacht“, „Schutzpatron“, „Zwei Einzelzimmer, bitte!“, “Herzblut“ und zuletzt „Grimmbart“. Zudem gewannen sie 2008 und 2009 die MIMI, den Krimi-Publikumspreis des Deutschen Buchhandels.

Beim Lesen dieses Buches kommen einem selbst viele Erinnerungen wieder ins Gedächtnis, sei es der damals übliche Italo Pop, die Espandrillos oder der spezielle italienische Flair. Bei den ersten Reisen ans Meer mit dem eigenen Auto war all dies eine besondere Form der Urlaubskultur und Teil des deutschen Lebens. Die Erlebnisse, die die beiden Autoren ihrer Erzählfigur geben, sind nahezu ein Spiegelbild eigener Episoden in und aus den 80er Jahren.
In bewährt ansprechender und besonders amüsanter Art erzählen sie all die Dinge und Situationen, die sicherlich eine Vielzahl der älteren Leser auch so oder in ähnlicher Weise in ihrem Urlaub in dieser Zeit erlebt haben wird. Super witzig geschrieben, eine Prise Selbstironie und alle damit verbundenen damaligen Entgleisungen sind dabei. In meinen Augen die perfekte locker-leichte Urlaubslektüre für alle Reisen, insbesondere natürlich nach Bella Italia, aber auch unbedingt empfehlenswert für die Daheimgebliebenen.

Andrea Müller
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