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Filmfest München 2017

Bereits zum 35. Mal fand das Filmfest München statt, und erneut wurde mit rund 81.500 Besuchern ein neuer Rekord erzielt.

Insgesamt wurden 180 Filme in elf Spielstätten der Innenstadt gezeigt. Zahlreiche Welt- und Deutschlandpremieren konnten gefeiert werden, namhafte Filmprominenz hat den Weg in die Isar-Metropole gefunden, ebenso wurden erneut besondere Verdienste ausgezeichnet werden. Mit dem CineMerit Award wurde der US-Schauspieler Bryan Cranston geehrt, der vor allem als Walter White aus der TV-Serie "Breaking Bad" weltberühmt wurde, der sein Münchner Publikum verzaubert hat. Weiterer Glanz aus Hollywood war mit Sofia Coppola und deren Mutter Eleanor gegeben, die jeweils ihre Filme präsentierten. Ebenso in die bayerische Landeshauptstadt gekommen waren Oscar-Preisträger Michel Hazanavicius sowie Weltbürgerin und Schauspielerin Nastassja Kinski. Letztere war Mitglied der Jury für den ARRI/OSRAM Award. Aber auch Vertreter des europäischen Kinos waren Gäste des Filmfestes, darunter die französische Regisseurin Claire Denis, der britische Kultschauspieler Bill Nighy und die französische Schauspiellegende Vincent Lindon. Natürlich hat auch das Who-is-Who des deutschen Film- und Fernsehschaffens nicht gefehlt und präsentierte neueste Werke. Nicht zu vergessen ist natürlich auch das Kinderfilmfest, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Daneben wurden zahlreiche Panels, Workshops und Expertengespräche rund um das Filmfest veranstaltet.

In sechs Reihen, diversen Nebenreihen und Retrospektiven wurden eine große Auswahl an Filmen aus allen Ecken der Welt präsentiert, die es in sich hatten. Zunächst sollte erwähnt werden, dass sich der Trend zum Vorspann langsam wieder durchsetzt. Nach Jahren der Abstinenz des Glimmstängels auf der Leinwand wird inzwischen wieder weggepafft, was nicht schnell genug weg kommt. In diesem Jahr wurde auf der Leinwand gestorben und beerdigt, was das Zeug hält. Und es gibt Hoffnung, was die deutsche Komödie angeht.

Den Programmern des Filmfestes war es erneut gelungen, einige Perlen, die kurz zuvor noch auf dem Filmfestival in Cannes gelaufen sind, nach München zu bringen, um sie den dortigen Cineasten zu zeigen. Darunter war unter anderem der neue Film von Michael Haneke. Politisch sehr aktuell war auch der Beitrag aus Frankreich, "Das ist unser Land!", der vom Aufstieg einer rechtspopulistischen Partei handelt. Aber auch deutsche Beiträge haben brisante und schwierige Themen aufgegriffen, sei es die Verantwortung von Ärzten in Krankenhäusern oder die Folgen der Love Parade. Leichte Unterhaltung gab es aber auch zusehen. Auch für Dokumentarfilme machte das Filmfest Platz, und so wurde unter anderem "American Valhalla" über die Entstehung von Iggy Pops neuestem Album gezeigt, aber auch eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Hau-drauf-Mimen Bud Spencer stand auf dem umfangreichen Programm.

Den Wünschen des Publikums aus den Vorjahren wurde entsprochen, und so gab es neben der Premiere noch weitere Möglichkeiten, neue Fernsehfilme zu sehen. Wieso aber bei einem Zweiteiler auch der doppelte Preis für die Eintrittskarte hingeblättert werden musste, erschloss sich nicht jedem Filmfest-Besucher, der staunte, wieso er für den Eintritt für einen dreistündigen Fernsehfilm knapp 20 Euro ausgeben musste. Unklar war auch oftmals, wieso mancher Film ausschließlich in der Spätvorstellung lief und somit filmfanatische Arbeitnehmer kaum eine Chance hatten, in den Genuss dieser Filme zu kommen.

Deutsche Komödien gab es zahlreich auf dem Filmfest zu sehen und zu genießen, wenn es auch zu einem Schauspieler-Overkill kommen konnte, wenn bekannte Gesichter gefühlt in jedem Film aufgetaucht sind. Spaß gemacht haben sie trotzdem, insbesondere das neueste Werk von Regisseur Arne Feldhusen, "Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt". Dass deutsche Filme jenseits des Komik auch erfolgreich sein können, hat "Sommerhäuser" von Sonja Maria Kröner gezeigt, der gleich mehrere Preise beim Filmfest abgeräumt hat. Daneben gab es auch diverse experimentelle Filme zu sehen, die ihren Zuschauern einiges zugemutet und abverlangt haben, aber auch das gehört zum Filmfest, schließlich soll für jeden Geschmack etwas dabei sein.

Obwohl recht kurzfristig einer der langjährigen Hauptsponsoren abgesprungen war, ist es den Machern des Filmfests dennoch gelungen, eine Auswahl aufkommender und bemerkenswerter Serien zu präsentieren, eine gar mit allen acht Folgen, die am Stück gezeigt wurden. Binge Watching in der Gemeinschaft sozusagen.

Auch beim Open Air Kino am Gasteig gab es einige Filmperlen zu bewundern, die in diesem Jahr in die Kategorie Musik-/Konzertfilm fielen. Das Wetter hat fast die ganze Woche über sein Bestes gegeben, damit auch draußen geguckt werden konnte.

Nachdem in den Vorjahren der Fokus auf den City-Kinos lag, spielten diese heuer nur eine untergeordnete Rolle, was von vielen Seiten bedauert wurde. So war das diesjährige Filmfest-Zentrum in der Hochschule für Film- und Fernsehen, wo unter anderem auch die Pressevorführungen stattfanden. Nicht ganz nachzuvollziehen war unter den Pressevertretern die Auswahl der Filme, die Presse und Fachbesucher zu sehen bekamen, lag doch der Schwerpunkt eher auf deutschen Produktionen. Zudem wurden der Presse auch deutlich weniger Filme gezeigt.

Die Auswahl internationaler Produktionen, die zahlreichen Prominenten, mit denen man beim Filmfest ins Gespräch kommen und auf Tuchfühlung gehen konnte sowie das sommerliche Flair machen das Filmfest München jedes Jahr zu einem besonderen Ereignis, und so war es auch bei der 35. Auflage. Wer noch nie beim Filmfest war und es gerne mal selbst erleben möchte, hat im nächsten Jahr wieder Gelegenheit dazu, dann im Zeitraum 28.06.-07.07.2018. Auch dann wieder mit vielen interessanten Produktionen und interessanten Gästen.

Pascal May