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Mein Gott Walther

Das Leben ist oft Plan B

Zur Buchmesse und zur Weihnachtszeit haben Biographien Hochkonjunktur. Da überrascht es nicht, dass Mike Krüger, Komiker, Schauspieler und Sänger, sein bisheriges Leben zusammenfasst und zu Papier bringt, auch auf das Risiko hin, dass sich nur noch ältere Semester an ihn und sein Schaffenswerk erinnern. So liegt nun seine Biographie "Mein Gott Walther", ebenso Titel seines ersten Hits, vor, die er zusammen mit dem Komiker Till Hoheneder geschrieben hat.

Obwohl in Ulm geboren, was dem geschuldet ist, dass seine Mutter gerade auf der Durchreise war, ist er im Norden der Bundesrepublik aufgewachsen. Die Schulzeit hat ihm nicht sonderlich behagt, schon gar nicht seine Zeit im Internat, auch wenn er da gelernt hat, sich durchzusetzen. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Betonbauer, und hat unter anderem am Bau des neuen Elbtunnels mitgewirkt. Zusammen mit seiner damaligen Freundin und heutigen Ehefrau Birgit hat er sich zu diesem Zeitpunkt schon ein Leben in einer kleinen Wohnung zurechtgelegt, doch dann kam erstmals Plan B, als er zum Grundwehrdienst bei der Bundeswehr einberufen wurde. Wie es im Norden nicht unüblich war, hat sich auch Mike Krüger zur Marine gemeldet, und dort als Funker gedient, nachdem er - eher aus Versehen - einen der besten Funktests abgeliefert hatte. Nach dem Wehrdienst folgte auf Grundlage seiner Berufsausbildung ein Architekturstudium. Musikalisch war er seit seiner Schulzeit aktiv, und so spielte er Schlagzeug in einer Band, aber auch Gitarre, auf der er zunächst nur zwei Griffe beherrschte. Seinen ersten Hit "Mein Gott Walther", von dem damals über 800.000 Schallplatten verkauft wurden, komponierte er bereits als Jugendlicher während eines Urlaubs, stellte ihn aber erst Jahre später der Öffentlichkeit vor, erstmals im Folklore Club "Danny's Pan". Zunächst in Hamburger Kneipen unterwegs, doch bald auch bundesweit im Fernsehen, erstmals bei Rudi Carrells Samstag Abend Unterhaltung "Am laufenden Band", die damals bei der Ausstrahlung Marktanteile von über 70 Prozent hatte, und auf Tourneen, woraufhin er sein Studium bald aufgab. Nach dem Wechsel zu einem anderen Plattenlabel, bei der er mehr Freiheit und bessere Bezahlung genoss, folgten erst mit "Der Nippel", später mit "Bodo mit dem Bagger" die nächsten Riesenhits des norddeutschen Komikers, die im deutschsprachigen Raum größte Erfolge feierten. Bald darauf folgte leichte Unterhaltung in Spielfilmform, die er zunächst gemeinsam mit Entertainer Thomas Gottschalk, später auch alleine, drehte. Danach übernahm er verschiedene Fernseh-Moderationen, bis er ab 1996 für die folgenden zehn Jahre zur Stammbesetzung der RTL-Show "7 Tage, 7 Köpfe" gehörte.
Der mehrfach ausgezeichnete Krüger, der auch seinen eigenen Kaffee vermarktet, hat nie aufgehört, neue Alben aufzunehmen und auf Tournee zu gehen.

Mike Krüger schwelgt in seinen Memoiren "Mein Gott Walther" ausführlich in seiner Hochzeit als Blödelbarde der 1970er und 1980er Jahre, und wie ungeplant und eher zufällig der große Erfolg über ihn kam. Man nimmt ihm ohne Zweifel ab, dass ihn der Erfolg nicht wirklich verändert hat oder er zu irgend einer Zeit abgehoben wäre, auch wenn er nun nicht mehr mit seiner Frau in Quickborn sondern in Hamburg lebt. Leser, die seine Anfänge miterlebt haben, werden sich gerne mit ihm erinnern, wie es damals war, als der Fernseher noch keine Fernbedienung hatte und es nur drei Kanäle zur Auswahl gab, als am Samstag Abend noch die gesamte Familie gemeinsam vor dem Fernseher saß, und als Stars auch nach Jahren noch da und bekannt waren. Es war die Zeit, als Alkohol und Zigaretten überall und zu jeder Zeit konsumiert wurden, als in Fernsehshows geraucht wurde, und alles möglich war. Hier und da kann man Krügers Wehmut beim Lesen spüren.
Wer diese Zeit nicht miterlebt hat, wird sich schwer tun, den umfassenden Beschreibungen damaliger Fernsehsendungen und Begebenheiten zu folgen.

"Mein Gott Walther" ist leichte Unterhaltung aus dem bewegten Leben des deutschen Komikers Mike Krüger, der immer bodenständig geblieben ist, und immer den Mut hatte, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Den gleichnamigen Gassenhauer, den noch jeder, der die 1970er Jahre miterlebt hat, mit trällern kann, wird man beim Lesen ganz sicher nicht mehr los! Einfach schöne Geschichten aus dem vergangenen Jahrhundert, erzählt von einem Komiker, der noch lange nicht aufhören möchte.

Pascal May