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Yves Saint Laurent

In Zeiten der steten Gleichzeitigkeit, in denen magersüchtige 12jährige als Traumberuf Model angeben und Modenschauen Fashion-Shows heißen und auf gesperrten Straßen stattfinden, ist es erholsam zurück blicken zu können in eine Zeit, in der Haute Couture in Paris gemacht, Top-Marken großer Künstler etabliert wurden und mit Mode noch Skandale möglich waren. Einem ganz großen Modeschöpfer ist ein Film gewidmet, dessen Name den Titel ziert: "Yves Saint Laurent". Der Film beleuchtet neben seiner Arbeit als Couturier vor allem seine Beziehung zu seinem langjährigen Lebensgefährten und Geschäftspartner Pierre Bergé.

Bereits mit 21 Jahren, wir schreiben das Jahr 1957, arbeitet Yves Saint Laurent als Art Director für Dior, nachdem er zuvor als Christian Diors Assistent tätig war. Kritiker werten seine Entwürfe zunächst als uninspiriert, aber als klassischen Dior-Look, bemerken aber bald das Genie des jungen Modeschöpfers, der schon mit seiner "Trapezlinie" die Modewelt revolutionierte und faszinierte. Yves Saint Laurent, der seine Homosexualität nie versteckt hat, lernt bei einem Abendessen mit der Mode-Chefin von "Harpers Bazaar" Pierre Bergé kennen, in den er sich verliebt und mit dem er fortan zusammen lebt.
In den Wirren des Algerien-Krieges wird auch der geniale Modeschöpfer 1960 zum Militärdienst einberufen, jedoch gleich wieder ausmustert, nachdem er einen Nervenzusammenbruch erleidet und man ihm manische Depressionen attestiert. Als Folge der Behandlung sollte ihm eine lebenslange Drogensucht bleiben. Das Modehaus Dior nimmt dies zum Anlass, Laurent zu kündigen, woraufhin Bergé das Modehaus verklagt. Mit einer erstrittenen Entschädigung von 680.000 Francs und weiterer finanzieller Unterstützung eines Amerikaners gründen sie das Label "Yves Saint Laurent", mit dem weltweite Mode-Trends gesetzt werden. Seine Kollektionen sind mitunter skandalös und schockierend für die damalige Zeit, und trotzdem - oder deswegen - setzt er sich durch und feiert große Erfolge. Selbst politisch nehmen seine Entwürfe Einfluss, und so hilft gar seine Kreation "Le Smoking" der Frauenbewegung in ihrer Emazipations-Bewegung. Immer mehr designt er nicht nur für die Haute Couture sondern für alle Frauen, also auch für preisgünstigere Pret-A-Porter-Linien, was seinen Erfolg nur noch vergrößert. Alkohol- und Drogenexzesse auf ausschweifenden Parties wie auch wechselnde Männerbekanntschaften lassen Laurent immer wieder bei Partys abstürzen, was seinem Genie aber nie geschadet hat. 1976 trennt sich Yves Saint Laurent von seinem Lebensgefährten und Geschäftspartner Pierre Bergé, der großen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg der Marke "YSL" hatte, bleibt ihm aber bis zu seinem Tod freundschaftlich verbunden.

Der Film liegt in der DVD-Edition in der deutschen und die französischen Sprachfassung (Dolby Digital 5.1) vor. An Extras bietet die Silberscheibe zahlreiche Interviews mit Cast und Crew, Impressionen der Weltpremiere während der Berlinale 2014, Making Of, Interview mit Pierre Bergé und Erläuterungen zur Vorbereitung der Schauspieler auf den Film.

Yves Saint Laurent war ohne Zweifel ein Genie der Modewelt, ein Visionär und Revolutionär. Eher bieder und brav kommt der Film über ihn daher, und zeigt dennoch in eindrucksvollen Bildern das Leben des schüchternen und depressiven Mode-Genies. Der Hauptdarsteller Pierre Niney, der den Mode-Schöpfer über ein Altersband von 21 bis 50 Jahren darstellt, bietet ein beeindruckendes Schauspiel und überzeugt jederzeit in Darstellung, Gestik und Sprache. Die dargestellten Models wurden aus Tänzerinnen und Schauspielerinnen rekrutiert, was die Schauen der Kollektionen glaubwürdig in die damalige Zeit versetzt. Außerdem wurde bei den Dreharbeiten sehr viel Wert auf die korrekte Darstellung jedes noch so kleinen Details geachtet, und so wurden unter anderem die Original-Modelle der damaligen Präsentationen, die alle seit 1963 im "YSL"-Mutterhaus konserviert werden, für den Film verwendet. Andere Aspekte, wie die Rivalität zu Karl Lagerfeld, werden dagegen außer Acht gelassen, ebenso seine Exklusiv-Arbeit für Prominente wie Cathérine Deneuve und Rudolf Nurejew. Der Film endet eher abrupt 1976, als sich Laurent von Bergé trennt, sein weiteres Schaffen bis zu seinem Tod im Jahre 2008 wird nicht einmal erwähnt, was beabsichtigt ist, da der Regisseur Jalil Lespert die Beziehung zwischen dem kreativen Mode-Genie und dem geduldigen Geschäftsmann darstellen wollte.

Fans von Biopics werden an "Yves Saint Laurent" ihre Freude haben und auch Anhänger der Mode von damals und heute kommen in den Genuss eindrucksvoller Bilder und toller Kleider. So oder so ist der Film ein besonderes Stück Zeitgeschichte, das sich niemand entgehen lassen sollte!

Pascal May