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Voll Frontal

Wenn in Hollywood ein Film übers Filmemachen gedreht wird, ist das die eine Sache. Wenn aber ein Film gedreht wird, in dem es unter anderem um eine Schauspielerin (Julia Roberts alias Francesca) geht, die gerade einen Film macht, in dem es sich ums Filmemachen dreht – dann wird es schon etwas komplizierter. Doch die komplizierteste Anekdote ist dies noch lange nicht, denn in Steven Sonderbergh’s „Voll Frontal“ steckt noch viel mehr.
Beispielsweise versteht es der prominente Produzent Gus (David Duchovny) stets das zu erreichen, was er sich gerade vorgenommen hat. So muß auch die Masseuse Linda erfahren, daß der Produzent unter einer entspannenden Massage mehr versteht als allgemein geläufig ist. Außerdem ist sich Lindas Schwester, eine sehr gestreßte Personalmanagerin, nicht ganz darüber im Klaren, ob sie sich jetzt nun wirklich von ihrem Ehemann Carl trennen sollte.
Denn der erfolglose Filmjournalist verliert nicht nur nach und nach sein Haupthaar sondern nun jetzt auch gänzlich seinen Job. Fast verliert er noch seinen Hund, denn jener hat, wie sollte es anders sein, unglücklicherweise von den hausgemachten Hasch-Brownies gekostet.
In diesem ziemlich abgefahrenen Film werden einige Handlungsstränge nebeneinander erzählt – zunächst äußerst verwirrend, jedoch mit jeder Minute mehr zu einem Genuß werdend. Wer „Voll Frontal“ verstehen und genießen will, muß allerdings von herkömmlichen Erwartungen (zumindest vorübergehend) Abstand nehmen. Denn die extravagante Kameraführung, das teilweise unscharfe Bild und der gewöhnungsbedürftige Schnitt sind durchaus Faktoren, die schnell zu Ablehnung führen könnten. Diese außergewöhnliche Machart soll den Film und die Story jedoch näher an den Zuschauer bringen, was allerdings nur nach und nach gelingt – und kaum kommt etwas Schwung in die langwierige Story, dann ist der Film – ohne ein richtiges Ende – auch schon vorbei.
Die großartige Besetzung und die hohe Qualität der DVD an sich (englisch und deutsch in Dolby Digital 5.1, Bild in 16:9, viele spannende Extras) trösten etwas über die dünne Story hinweg. Wieso dieser Film die inoffizielle Fortsetzung des Kult-Streifens „Sex, Lügen & Video“ sein soll, wird bis zum Abspann nicht klar. Alles in allem ist „Voll Frontal“ ein unterhaltsamer, quirliger Streifen, der ruhigen Gewissens vor allem Soderbergh-Fans und Freunden des modernen Films wie auch Hardcore-Julia Roberts-Fans nahegelegt werden kann.

Alex W. Würth