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Die Geschwister Savage

Laura Linney und Philip Seymour Hoffman sind schon lange im Filmgeschäft tätig, auch wenn viele Kinogänger ihre Namen nicht sofort zu Gesichtern zuordnen können. Linney war schon dreimal für den Oscar nominiert, darunter für ihre Rollen in „Kinsey“, „You Can Count On Me“ wie auch für „Die Geschwister Savage“ und ist eine der wandlungsfähigsten Schauspielerinnen überhaupt, Hoffman erhielt die begehrte Trophäe gar für seine Rolle als „Capote“ im gleichnamigen Film, nachdem er sich einen Namen als ewiger Nebendarsteller gemacht hatte. Doch wer beide spielen sieht, der versteht, wieso sie so preiswürdig sind.
Zum ersten Mal in Hauptrollen vereint vor der Kamera spielen sie in „Die Geschwister Savage“. Beide sind mit ihrem eigenen Leben so beschäftigt, dass sie kaum noch etwas über einander wissen. Wendy versucht sozialkritische Theaterstücke zu schreiben und damit an ein Stipendium zu kommen, ihr älterer Bruder Jon schreibt als promovierter Uni-Dozent an einem Buch über Bertold Brecht. Zum ersten Mal seit langer Zeit verbringen sie wieder Zeit miteinander außerhalb ihrer eigenen Leben, nachdem sie erfahren, dass ihr an Altersdemenz erkrankter Vater ihre Hilfe braucht. Hier merken sie zum ersten Mal, welch oberflächliches und beziehungsunfähiges Leben sie führen, in dem sie sich gegenseitig nichts zutrauen und nichts gönnen. Je mehr Zeit sie miteinander und ihrem Vater verbringen, umso mehr erfahren sie über sich selbst. Auf der einen Seite ist Jon, der seine polnische Freundin nach dreijähriger Beziehung wieder nach Hause fliegen lässt, weil ihr Visum abgelaufen ist, anstatt sie zu heiraten. Auf der anderen Seite Wendy, der ihre Katze und ihr Ficus wichtiger sind als eine gute Beziehung zu führen, sich aber seit Jahren mit einem älteren verheirateten Mann zum Sex trifft. Beide haben schnell Schuldige für ihr verkorkstes Leben gefunden: ihre Eltern. Aber ist das wirklich so einfach? Aus Selbstmitleid, Schuldgefühlen und mit dem Vorsatz, das richtig zu machen, was ihre Eltern nie gekonnt haben, machen sie sich auf, ihren Vater in einem Pflegeheim unterzubringen.
Neben dem deutschen Ton findet sich auf der DVD die englische und die italienische Tonspur (alle in Dolby Digital 5.1). An Extras bietet die Silberscheibe neben einem Making Of und erweiterten Szenen und nur noch ein paar Schnappschüsse des Regisseurs.
Ein komischer Film ist „Die Geschwister Savage“ wahrlich nicht, aber ein Streifen, der zum Nachdenken anregt. Hervorragend gespielt brillieren Linney und Hoffman in diesem Familienstück und lassen immer wieder ihre eigene Hilflosigkeit und Unsicherheit erkennen, als ob sie von den Zuschauern die Bestätigung erhaschen wollten, dass sie in ihrem Leben endlich alles richtig machen. Kein Film für zwischendurch oder nebenher, aber bestes Kino für anspruchsvolle Kinofans.

Pascal May