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Boy 7

Bisher passten Science Fiction-Filme und Deutschland nicht wirklich zusammen, daher wurde diese Kombination eher als Versuch oder Ausrutscher belächelt, weil viele bei diesem Genre gleich an Aliens und Roboter denken. Dennoch wurden die erfolgreichsten Filme dieses Genres durch zahlreiche Deutsche realisiert oder zumindest produziert. Vergessen sollte man dabei aber auch nicht, dass der erste Science Fiction in Spielfilmlänge aus dem Jahr 1927 stammt und von einem Deutschen in Deutschland realisiert wurde: "Metropolis" von Fritz Lang.
Dass Deutschland weiterhin Science Fiction-Filme von Weltformat hervorbringt zeigt einmal mehr "Boy 7", der seine Deutschlandpremiere auf dem diesjährigen Filmfest München feierte.

Ein junger Mann kommt mitten in der Nacht in einem U-Bahn-Tunnel zu sich. Er kann sich an nichts erinnern, nicht an seinen Namen, seine Adresse oder wie er überhaupt in diesen Tunnel gekommen ist. Einzig die Karte eines Restaurants findet er in seiner Kleidung, doch auch an dieses Lokal kann er sich nicht erinnern. Nachdem er sehr bald erfährt, dass er wegen Mordes zur Fahndung ausgeschrieben wurde und er deswegen von der Polizei und von unbekannten Männern gesucht wird, flüchtet er in dieses Lokal, seinem einzigen Anhaltspunkt. Auf der Toilette findet er einen Knopf, der an seiner Hose fehlt, im Spülkasten findet er ein Tagebuch, das er offensichtlich selbst geschrieben hat, denn er erkennt seine Handschrift. Plötzlich trifft er auf eine junge Frau, die sich wie er an nichts erinnern kann, die aber auch dieselbe Brandwunde in der Handfläche aufweist wie er. Gemeinsam versuchen sie sich zu erinnern, was sie verbindet, und mit jedem Puzzlestück, das sie herausfinden, decken sie eine Verschwörung auf, die bis in die höchsten gesellschaftlichen und politischen Kreise reicht.

Mit "Boy 7" hat Regisseur Özgür Yildirim den gleichnamigen Roman von Mirjam Mous verfilmt, die ausgezeichneten Schauspieler David Kross, der in "Der Vorleser" an der Seite von Kate Winslet weltbekannt wurde und auch schon mit Regisseur Steven Spielberg gearbeitet hat, und Emilia Schüle, die bisher vor allem in Komödien Erfahrungen sammelte, spielen die Hauptrollen souverän und glaubwürdig. Auch die Nebenrollen sind unter anderem mit Nina Petri prominent besetzt.

Wer sich auf "Boy 7" einlässt erlebt eine rasante Achterbahnfahrt in eine Welt geheimer Labore und Experimente an Jugendlichen mit besonderen kriminellen Talenten. Daneben beschäftigt sich der Film mit der Frage, wie weit medizinische Experimente gehen dürfen und ob moralisch alles gut sein kann, was auch machbar ist. Je mehr Details der Geschichte aufgedeckt werden, umso spannender wird der Film, der einen am Ende angespannt und atemlos zurück lässt. Das von Marco van Geffen und Philip Delmaar verfasste Drehbuch, basierend auf dem Buch von Mirjam Mous, hält die Spannung von der ersten bis zur letzten Minute, die Kameraführung ist mitunter wirr, aber immer passend zum Geschehen.

Ganz klar hat Regisseur Özgür Yildirim mit "Boy 7" ein grandioses Stück Science Fiction auf Weltniveau abgeliefert, dem man weltweite Beachtung und viele Besucher wünscht. Nach diesem Science Fiction "Made in Germany" wird klar, dass man auch weiterhin in diesem Genre mit deutschen Produktionen rechnen muss.

Pascal May
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