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Schottensterben

Der berühmte schottische Schauspieler und Regisseur Jim McKechnie will seinen neuen Film in einer malerischen kleinen Bucht auf der Hebriden-Insel Gigha drehen. In dieser Bucht samt Cottage und Bootshaus lebt der Eigenbrötler Nicol. Dass sich beide nicht besonders grün sind, ist schnell allzu offensichtlich. Als der Schauspieler droht, seine Kontakte spielen zu lassen, um an sein Ziel zu kommen, kommt es zu einem heftigen Streit zwischen den beiden. Eine Brandung spült am nächsten Morgen einen Toten mit einem Kilt bekleidet an den Palm Beach, quasi direkt vor die Haustür von Nicol. Dies ist ein schöner Strand auf Gigha im Norden Schottlands. Jede kommende Welle trägt den leblosen Körper näher ans Land. Hynch, ein sogenannter Profikiller im Ruhesstand, kann so etwas stundenlang beobachten. Er schwenkt sein Teleskop und sieht jede Menge Leute. Sein linkes Auge juckt, sein Phantomauge, das immer schmerzt, wenn es viel zu sehen gibt. Wenn er sich so umsieht, beschleicht ihn der Verdacht, dass er nicht der Einzige ist, dem diese Leiche Kopfzerbrechen bereiten würde. Aus seinem getarnten Unterschlupf registriert er gleich drei verschiedene Parteien, seine Nachbarn, gewissermaßen. Diese sind Val und Phyllis, Zwillingsschwestern, die leidenschaftlich töpfern, träumen und sich gerne an die Vergangenheit erinnern. Dann Nicol, der niemals Schuhe trägt, ein Boot baut und die Leiche am Strand findet und verbuddelt. Zuletzt wären da noch Stuart und Jessie, ein verliebtes Paar, die nicht nur Algen aus dem Wasser fischen. Doch all diese Bewohner sind weit davon entfernt, die Polizei zu rufen, denn jeder für sich hat hier so seine Geheimnisse und Ideen, wie aus dem misslichen Ereignis Nutzen gezogen werden könnte. Insbesondere gilt dies auch für das Hochlandrind namens „Thin Lissy“, eine Kuh mit einer Mission.

Gorden Tyrie ist das Pseudonym des mit dem Glauser Preis ausgezeichneten und 1966 in Bamberg geborenen Autors Thomas Kastura. Er studierte Germanistik und Geschichte, arbeitet als Autor für den Bayerischen Rundfunk und schreibt seit 20 Jahren Kriminalromane und –erzählungen. Unter seinem Namen erschienen vier Krimis. Nach „Todesströmung“ folgt nun sein zweiter auf den Hebriden angesiedelter „cosy thriller“. Schottland ist seine große Liebe.

Man spürt in jeder Zeile dieses Buches regelrecht die Liebe des Autors zu Schottland. Die Hebriden scheinen ein ganz besonderes Inselvolk zu sein, neugierig, misstrauisch, aber auch starrsinnig. In den 52 Kapiteln erzählt der Autor in einem angenehm zu lesenden Mix aus Krimispannung und Humor seine durchaus gelungene Story. Die Hauptpersonen sind echt schräge Typen, jeder auf seine Weise eigen und speziell, und geben dem Werk somit seine besondere Note. Damit wird häufig für das eine oder andere Lachfältchen im Gesicht bis hin zu einem Dauerlächeln gesorgt.

Das Buch ist sicherlich ein Muss für alle Schottlandliebhaber mit Sinn für schwarzen Humor, aber auch für Leute, die einmal nicht auf der Suche nach einem klassischen Ermittler/Detektivszenario sind. Ein Kriminalroman mit einem gewissen eigenen Charme und insbesondere viel humoriger Spannung. Irgendwie bin ich schon gespannt, mit welchem neuen verrückten Fall es auf den Hebriden dann weitergehen wird.

Andrea Müller
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