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Permanent Record - Meine Geschichte

Für die einen ist er ein Held der Freiheit, für andere ein gefährlicher Krimineller, der Staatsgeheimnisse verraten hat: Edward Snowden polarisiert noch immer.
Seine Lebensgeschichte wurde bereits von Oliver Stone verfilmt, das von der amerikanischen Dokumentarfilmerin Laura Poitras und dem Journalisten Glenn Greenwald im Mira Hotel in Hong Kong geführte und gefilmte Interview mit Snowden, "Citizenfour", erhielt gar den Oscar als bester Dokumentarfilm. Snowden erhielt bereits zahlreiche Preise für seine Arbeit als Whistleblower, darunter den alternativen Nobelpreis. In den USA wird er aber noch immer per Haftbefehl gesucht, weshalb er weiterhin im russischen Exil lebt und an einem geheim gehaltenen Ort in Russland untergetaucht ist, wo er politisches Asyl genießt. In "Permanent Record - Meine Geschichte" möchte er nun selbst seine eigene Geschichte erzählen.

Edward "Ed" Snowden wurde 1983 in North Carolina geboren und war ein typischer Computer-Nerd, der mit dem Internet aufgewachsen ist. Von sich selbst sagt er, dass wenn er sich mit irgendwas auskennt, dann mit Computern. Er wurde zum Systemingenieur ausgebildet und obwohl er keinen Universitätsabschluss vorweisen konnte, arbeitete er für die CIA sowie die NSA. Durch seine umfangreichen Kenntnisse stieg er schnell auf und erhielt bereits im Alter von 22 Jahren seine erste Top Secret-Freigabe. Kurze Zeit später hatte er fast unbegrenzten Zugang zu den sensibelsten Netzwerken der Welt. Von 2007 bis 2009 war er als Techniker an der US-Botschaft in Genf eingesetzt, wo er ein Netzwerk in Europa implementieren sollte, mit dem amerikanische Geheimdienste auch auf dem alten Kontinent spionieren, oder, vorsichtiger ausgedrückt, Daten sammeln konnten. Danach ging es für den jungen Computer-Nerd nach Japan, wo er half, ein gigantisches Backup-System für die amerikanischen Geheimdienste aufzubauen. Alle gesammelten Daten sollten hier gesichert werden, damit die USA im Falle eines Atomkrieges auf ihr eigenes Land weiterhin Zugang zu diesen sensiblen Daten haben würden. Wohlgemerkt, nicht nur Daten der US-Bürger, sondern aller Menschen der Welt, und deren Daten sollten bei den US-Geheimdiensten für die Ewigkeit gespeichert werden.
Wieder zurück in den USA ging es für ihn nach Hawaii, wo er an einer riesigen Cloud arbeitete, in der all die gesammelten Daten für jeden US-Spion weltweit und in Echtzeit zur Verfügung stehen sollten. Erst hier erkannte er das übergeordnete Ziel und wie seine bisherigen Arbeitsschritte derart ineinander griffen, dass die perfekte Überwachung aller Menschen, die jemals telefoniert, ein Smartphone oder einen Computer benutzt haben, tatsächlich Realität war. Auch und gerade Daten von Staats- und Regierungschefs wurden ebenso gesammelt, aber auch von jedem einzelnen Durchschnittsbürger. Ein grober Verstoß gegen jede Verfassung der Welt wurde einfach zur Seite geschoben, um vordergründig die Sicherheit der USA zu sichern.

Nach reiflicher Überlegung und Abwägung seiner persönlichen Risiken begann Snowden, Daten zu sichern und aus den Sicherheitsbereichen raus zu schaffen, um sie Journalisten zu übergeben. Diese prüften die Daten und präsentierten der Weltbevölkerung diese schockierenden Pläne der US-Regierung, die damit bloßgestellt war. Snowden war sich sicher, dass sich sein Leben daraufhin komplett ändern würde, dass er Freunde und Familie nie wieder sehen würde, dass er sich verstecken müsste, um sich dem Zugriff der US-Regierung und deren Geheimdienste zu entziehen. Dennoch hat er sich aus ethischen Erwägungen dazu entschlossen, diesen Schritt zu gehen, er hat sogar eine moralische Verpflichtung dazu gesehen, der ohne ihn weiterhin gänzlich unbekannt wäre.

Es ist fast schon ein Widerspruch in sich, dass ausgerechnet der weltweit bekannte Computer-Nerd Edward Snowden ein analoges Buch auf den Markt bringt, um seine Geschichte zu erzählen, die spannender kaum erzählt werden könnte. Gerade und besonders für die Millenials, der Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, ist dieses Buch absolute Pflichtkeltüre, um ihnen aufzuzeigen, was aus dem Word Wide Web geworden ist, als die sozialen Medien wie Facebook, Google, Instagram und WhatsApp aufgekommen sind, und plötzlich persönliche Daten als wichtigstes Gut der heutigen Zeit wurden. Für die Industrie ebenso wie für Regierungen und deren Geheimdienste.

Edward Snowden zeigt in seiner Geschichte eindrücklich auf, wie die USA nach den Anschlägen des 11. September 2001 in eine Paranoia verfallen sind, und daher unter Umgehung jeglicher Menschenrechte zum globalen Rundumschlag ausholten. Nachdem sie durch Snowdens Enthüllungen empfindlich in ihren Plänen getroffen und gestört wurden, und im Rahmen dessen unter anderem bekannt wurde, dass auch die Daten befreundeter Regierungschefs angezapft und ausgewertet wurden, war klar, dass die Jagd auf den Whistleblower begann. Ausgerechnet die russische Regierung gewährte Snowden politisches Asyl, um seine Menschenrechte zu wahren.

Wer noch immer von dem Glauben beseelt ist, dass das alles nicht so schlimm sei, denn man habe ja "nichts zu verbergen", wird nach Lektüre dieses wichtigen Buches vielleicht einsehen, dass es für Regierungen und Großkonzerne ein vitales Interesse an den Daten eines jeden einzelnen Menschen gibt.

Edward Snowden lebt nun schon seit sechs Jahren im Exil, seine Rückkehr in die USA scheint weiterhin unmöglich. Die Daten und Operationen, von denen er berichtet, stammen vom Zeitpunkt, als er sich entschloss, diese ungeheure Daten-Sammelwut der US-Regeirung offenzulegen. Dass die inzwischen anders agiert oder gar Operationen gestoppt hat, ist nicht zu erwarten. Umso wichtiger, Snowdens Enthüllungen ernst zu nehmen, und die Regierungen dieser Welt an die Einhaltung der Freiheits- und Bürgerrechte zu erinnen und diese einzufordern.

Der Schutz der Privatsphäre wird auch von den Vereinten Nationen als elementares Grundrecht angesehen. Diesen sollten wir nicht einfach so und leichtfertig aufgeben. Das eigene, meist bedenkenlose Hantieren im und mit dem Internet sollte jeder zumindest kritisch hinterfragen und anpassen. Die Lektüre von "Permanent Record - Meine Geschichte" gibt einem die notwendige Motivation dazu!

Pascal May
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