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Maroniküsse

Lea Hempel, ein Berliner Kind, möchte unbedingt Kunst studieren und einen der begehrten Studienplätze beim Kultprofessor Popov ergattern. Um dieses Ziel zu erreichen lässt sie sich auf einen Kunsttransport für ihr Idol an den Gardasee ein. Da sie nicht über ein eigenes Auto verfügt, muss Freundin Caro herhalten, die trotz der bekannt schlechten Fahrkünste Leas schließlich einwilligt. Wie nicht anders zu erwarten war, macht sie auf diesem Weg Bekanntschaft mit einem Südtiroler Weidezaun. In Marins gestrandet wartet sie auf die notwendigen Ersatzteile und taucht in das provinziale Leben ein. Als Städterin wird sie nun mit der ganzen Wucht des Landlebens konfrontiert; von amoklaufenden Geißen, verrückten Einheimischen über letztendlich ein orakelndes Huhn wird alles geboten. Und zu allem Überfluss versteht sie auch noch das weissagende Huhn Pythia und steigt ein in eine Mission in romantischer Sache.

Marie Tappeiner, eine in Innsbruck lebende Musikpädagogin und Autorin, hat unter dem Pseudonym Lena Avanzini den Kriminalroman „Tod in Innsbruck“ veröffentlicht und wurde im Jahre 2012 gleich mit dem Glauserpreis für das beste Krimidebüt ausgezeichnet. Die Berge - meistens von unten - bewundernd schreibt sie ihre Romane oder rupft mit Schülern das eine oder andere Hühnchen.

Was hier auf 336 Seiten Lea Hempel widerfährt, kann durchgeknallter fast nicht mehr sein. Marie Tappeiner verknüpft auf überaus amüsante Weise einen Kulturclash der besonderen Art. Herrlich wie sie ihre Akteure beschreibt, die Südtiroler „Fremdsprache“ einbringt und mit erklärenden Fußnoten erläutert. Alle noch so verrückten Facetten von Städtern wie auch alle Vorurteile der Landbevölkerung werden urkomisch in die Handlung integriert und es steht einem mehr als nur einmal das Grinsen im Gesicht. Es ist herrlich, wie sie einzelne Situationen bildlich beschreibt, und die romantischen Verwicklungen im Dorf tragen ihren Teil dazu ebenfalls bei.

Obwohl es sich eher um einen Frauenroman mit der dafür vorgesehenen Liebesgeschichte handelt, kann ich als Mann nur sagen, dass dieser ebenfalls für uns unbedingt geeignet ist und ich mich köstlich amüsiert habe. Wer eine leichte lockere Unterhaltungslektüre sowohl für den Urlaub wie auch zum Abschalten sucht ist hier goldrichtig.

Michael Müller