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Lucky Loser: Wie ich einmal versuchte in die Tennis-Weltrangliste zu kommen

Felix Hutt, einmal einer der besten Tennis-Junioren, hatte, nachdem es zur ganz großen Tenniskarriere nicht gereicht hat, eher den Sport etwas aus den Augen verloren. Damals, in jungen Jahren hat er, als Boris Becker erstmalig Wimbledon gewann, gleich danach mit einem Aluminiumschläger und Ball die ersten Schläge gegen das Garagentor versucht. Ohne es zu ahnen, hat er hier bereits seine größte Leidenschaft entdeckt. Tennis sollte ihn letztendlich nie wieder loslassen. Über die Jahre hinweg hat er eher ein ganz normales Leben mit Arbeit und Ehe geführt. Während eines Urlaubes sieht er morgens sein Idol Roger Federer im Fernsehen kämpfen und bei den Australian Open im Januar 2017 siegen. Er, der Biertrinker, sieht, wie ein Federer mit 35 Jahren noch ein Grand Slam Turnier gewinnt. Inzwischen kurz vor seinem 38. Geburtstag, ohne weltweit erfolgreiche Tenniskarriere, packt ihn dadurch nochmals das große Tennisfieber und er will sich seinen großen Jugendtraum erfüllen. Sein Name soll einmal in der Weltrangliste gelesen werden. Dafür braucht er einen ATP-Punkt. Er weiß, dass er dies nicht bei den großen Turnieren der Welt erreichen kann. Mit seinem Tennisschläger im Gepäck beginnt er eine Reise zu exotischen und weniger exotischen Orten, um dort zu versuchen, gegen jüngere Spieler zu gewinnen. Egal ob in Pakistan, Kambodscha, Israel, Uganda und Bayern, irgendwie muss seine Mission doch hoffentlich von Erfolg gekrönt werden. Statt des Reiserucksacks hat Hutt das Tennisbag im Gepäck und falls er eine Visitenkarte dabei hätte, würde darauf wohl Tennis-Globetrotter stehen. Wird ihm der eine ATP Punkt gelingen, der den ersehnten Eintrag in die Liste der Besten beschert?

Felix Hutt, Jahrgang 1979, spielt Tennis seit seinem sechsten Lebensjahr. Unter anderem trainierte er unter einem slowakischen Trainer dessen Motto war: „Man muss Schmerzen mit Schmerzen bekämpfen, um erfolgreich zu sein“. Als Redakteur beim STERN erhielt er 2017 den European Press Prize. Beim SPIEGEL arbeitet er seit Sommer 2018.

Klar, dies ist natürlich vornehmlich ein Buch für alle Tennis Freaks, und solche, die es noch werden wollen. Aber auch jemand, der mit diesem Sport nicht unmittelbar etwas zu tun hat, kann mit dem Lebensabschnittsbericht von Felix Hutt eine interessante Horizonterweiterung erreichen. Er gibt unter anderem einen tieferen Einblick in sein Seelenleben wie auch in eine Tenniswelt, die nicht so golden ist, wie sie in unseren Augen immer scheint und glänzt. Damit gibt er uns eine ungeschönte Einsicht, wie schwer, hart und steinig es Richtung Spitze wirklich ist und welch eine große Anzahl von Spielern diesen Weg nie erfolgreich bewältigen werden. Wir dürfen mit ihm in eine mehr als exotische Welt eintauchen und diese Lebenserfahrungen, die er dort macht, stimmen einen doch das eine oder andere Mal etwas nachdenklich. Obwohl es ja eigentlich „nur“ um Tennis geht, ist dieses Buch interessant, kurzweilig und fesselnd geschrieben. In dreizehn Kapiteln beschreibt er seine Welt rund ums Tennis, und der damit verbundenen Jagd auf den einen magischen ATP Punkt. Im Vierzehnten gibt es dann anhand von Arthur Ashe Zitaten, 10 Dinge die man vom Tennis fürs Leben lernen kann. In meinen Augen ein mehr als lesenswertes Buch und das nicht nur weil ich selbst Tennisspieler bin.

Michael Müller
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