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Der Wanderer

Sybille hat einen Brief ohne Absender bekommen. Der Inhalt entsetzt sie, denn in diesem Brief findet sie Fotos ihrer toten Mutter. An einem abgelegenen Bergsee hat man vor zwanzig Jahren die Leiche der „narrischen Erika“, wie ihre Mutter genannt wurde, weil sie aus Tarotkarten die Zukunft las, gefunden. Was hat es mit dem seltsamen Tarotzeichen auf sich, das vom Bösen kündet? Damals waren sich in Kreuzwirt alle einig, dass es ein Selbstmord war. Auf einem der Fotos ist ein Mann zu sehen, der neben der abgedeckten Leiche steht und breit grinst. Die übersandten Fotos wecken bei Sybille Zweifel. Was war in jener Zeit wirklich geschehen? Auf ihrer Suche nach der Wahrheit begleitet sie der Schriftsteller Tony, der seinerzeit als junger Lokaljournalist über den besagten Leichenfund berichtet hat. In ihren Recherchen stoßen die beiden auf ein düsteres Geflecht aus Eifersucht, Lügen, Verrat, Drogen, Wahnsinn und Okkultismus. Entsetzt müssen sie feststellen, dass Erika nicht das einzige Opfer gewesen ist. Bald tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf und nur wenig später werden erste Drohungen ausgesprochen, durch Worte und Taten. Und ehe sie sich versehen, schweben auch sie in größter Lebensgefahr.

Luca D’Andrea wurde 1979 in Bozen geboren und lebt auch heute noch dort. Mit seinem ersten Thriller, „ Der Tod So Kalt“, war er wochenlang in den Top 5 der Spiegel-Bestseller-Liste. Das Buch hat sich weltweit 400 000 mal verkauft und ist in rund 40 Ländern erschienen, und wird derzeit verfilmt. Sein zweites Buch, „Das Böse, es bleibt“, wurde mit dem Premio Scerbanenco, dem renommiertesten italienischen Krimipreis, ausgezeichnet und war ebenfalls ein Spiegel Bestseller. Mit seinem neuen Thriller „Der Wanderer“ bleibt er weiterhin, wie auch in den früheren Büchern, seiner Heimat als Handlungsort treu.

Luca D’Andrea schafft es mit seinen Thrillern in besonderem Maße die Leserschaft in eine Welt zu entführen, der man sich zu keinem Zeitpunkt mehr ohne weiteres entziehen kann. Auf faszinierende Weise beschreibt er diese südtiroler Welt, seine Heimat, mit ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten und den dort lebenden Menschen. Stück für Stück geht es anfangs in seinem neuesten Werk eher gemach, aber dann doch spannungssteigend von einem Puzzleteil zum nächsten, und man giert letztendlich doch nach dem Punkt, wann dieses Gebilde schließlich fertig sein wird. Durchaus logisch und gut strukturiert verbindet er eigene Erfahrungselemente mit einer spannenden Handlung. Fulminant dann der Schlussteil, der einen ab da wieder die Seiten nur so „fressen“ lässt. Auch wenn dieser vorliegende dritte Thriller nicht an die beiden Vorgängerbände gleichstark anknüpft, weil er eben nicht der typische Thriller als solcher ist, nichtsdestotrotz besitzt er das gewisse Etwas, das den Leser dazu veranlasst, unbedingt hinter die Kulissen blicken zu wollen. Über die Sinnhaftigkeit des esoterischen Touches lässt sich aber sicherlich diskutieren.

Unabhängig davon sollte man als Fan des Autors wie auch der südtiroler Handlungswelt einfach dieses Buch lesen, auf sich wirken lassen, und sich seine eigene Meinung bilden.

Michael Müller
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